Architektur

Man betritt den sorgsam in den majestätischen Baumbestand der Lichtentaler Allee eingebetteten dreigeschossigen Museumsbau durch einen Haupteingang, der östlich zum zentralen Fußweg durch den Park liegt. Im ersten Stock verbindet eine gläserne Brücke das Gebäude mit dem Erdgeschoss der Kunsthalle. Diese Brücke ist behutsam darauf abgestimmt, den Charakter der vorhandenen Kunsthalle so wenig wie möglich zu beeinträchtigen. Das Museum Frieder Burda versteht sich als eigenständiges Museum und zugleich als partnerschaftliche Ergänzung der Kunsthalle. Deshalb lässt sich die gläserne Verbindung zwischen den Gebäuden öffnen und schließen. Ein tief gelegener Außenhof umfasst das Gebäude an der Südfassade und betont auf ungewohnte Weise die Anbindung des Museums an die umliegende Landschaft der ruhigen, friedlichen Lichtentaler Allee

Der eintretende Besucher geht durch ein lichtes Atrium, den Lobby- beziehungsweise Empfangsbereich, zu einer großzügigen querliegenden Rampenanlage, die sich über vier Geschosse erstreckt und mit der Brückenverbindung zur Kunsthalle einen Stock darüber auf einer Achse liegt. Zusammen mit dem angrenzenden Aufzug gewährt die Rampe Zugang zu einem zweiten großen, über der Halle im Erdgeschoss liegenden Galerieraum sowie zu zusätzlichen Ausstellungsräumen im Untergeschoss und im Mezzanin, von dem aus man den Eingangsbereich überblickt. Die große Rampe gibt historisch und formal gesehen vor allem das Motiv einer Spiralsequenz. Ich möchte diese Rampe jedoch eher als ein Ereignis an sich betrachten, eher ein malerisches als ein sequenzielles Element im räumlichen Ganzen. Ich hoffe, die Besucher werden den Parcours durch das Gebäude als einen eigenen Rhythmus aus Bewegung und Ruhe erleben. Der Gang durch das Gebäude soll nämlich immer dort durch Stoppeffekte und Gegenachsen unterbrochen werden, wo die Schräge der Rampe auf den Zugang zu einem Galerieraum trifft.

Das Licht fällt durch Glaswände, die mit Sonnenblenden versehen sind, in die klar und geradlinig gehaltenen weißen Ausstellungsräume ein. Der obere Ausstellungsraum, der mit der Rampenanlage durch eine Brücke verbunden ist, bietet Ausblicke in den umliegenden Park und auf die tiefere Ebene. Die Lufträume in den oberen Etagen und die Wandvorsprünge der tieferen Galerie lassen natürliches Licht auch in das untere Stockwerk einfallen. Gesteuertes natürliches Licht ist in den meisten Ausstellungsräumen vorhanden und demonstriert, in wie unterschiedlicher Weise sich die Raumerfahrung auf die Betrachtung der Kunst auswirken kann. Mithilfe von Lamellen an der Südfassade lässt sich die Lichtmenge regulieren, die zu den unterschiedlichen Tageszeiten in die Galerieräume einfällt.

Frieder Burda war ein passionierter und engagierter Sammler zeitgenössischer Kunst. Sein Blick und sein Bewusstsein waren so geprägt, dass die Liebe zur Kunst und die Liebe zum Betrachten von Kunst zu einem integralen Bestandteil seines Lebens geworden sind. Seine Leidenschaft für Malerei und Skulptur ist regelrecht ansteckend. Deshalb ist es für mich eine große Ehre, mit ihm zusammenzuarbeiten, um ein Kunstwerk, ein Architekturwerk zu schaffen, in dem der Besucher Kunst und Raum gleichermaßen wahrnimmt und diese einzigartige Sammlung mit Kunst der letzten hundert Jahre in einer harmonischen Umgebung erlebt.

Reichtum und Bedeutung der Sammlung Frieder Burda fügen den Arbeiten der großen in ihr vertretenen Künstler nichts hinzu, doch werden die Zusammenhänge und Beziehungen zwischen der Sammlungskonzeption und den einzelnen künstlerischen Ausdrucksformen in neuem Licht zu betrachten sein: Im Tageslicht, das aufgrund wechselnder Wetterbedingungen und wechselnder Jahreszeiten die Kunstwerke im Museum so lebendig beleuchtet, wie dies mit künstlichem Licht nie zu erreichen wäre. Licht ist hier das wichtigste Baumaterial, ihm kommt eine Schlüsselfunktion zu. Das Licht, das die Stadt Baden-Baden und die Lichtentaler Allee beleuchtet, ist von hoher Qualität und Klarheit; es wird nun auch die Innenräume des Museums durchfluten. Damit hat der Besucher die Möglichkeit, die Kunstwerke in dem gleichen natürlichen Licht zu betrachten, in dem die meisten Künstler sie geschaffen haben. Das Museum Frieder Burda wird, davon bin ich überzeugt, in seiner Idee und materiellen Umsetzung eine besondere Ausstrahlung entfalten, nicht zuletzt deshalb, wie – so hoffe ich – Raum- und Kunsterfahrung an diesem Ort in besonderer Qualität zusammenwirken.

– Richard Meier

Informationen

BauherrStiftung Frieder Burda
ArchitekturbüroRichard Meier & Partners Architects LLP, New York
Beauftragter ArchitektRichard Meier
Design PartnerBernhard Karpf
ProjektarchitektStefan Scheiber
Örtliche BauleitungDipl.-Ing. Peter W. Kruse, Baden-Baden

Projektdaten

Grundstücksfläche3.642 m²
Bebaute Grundstücksfläche2.220 m²
Bruttogrundrissfläche4.103 m²
Bruttorauminhalt23.300 m³

Zeittafel

Beauftragung des Architekturbüros Richard Meier & Partners Architects LLP 3. Juli 2001
Planungsphase2001-2002
Einreichung des Bauantrags27. April 2002
Baugenehmigung1. Juli 2002
Erster Spatenstich26. September 2002
Richtfest10. Oktober 2003
FertigstellungSeptember 2004
Eröffnung22. Oktober 2004

Ernst Ludwig Kirchner, Zwei Akte mit Badetub und Ofen, 1911.
Öl auf Leinwand, 89 x 80 cm

August Macke, Kleiner Zoologischer Garten in Braun und Gelb, 1912.
Öl auf Leinwand, 47 x 67,3 cm

Max Beckmann, Blick aus dem Fenster in Baden-Baden, 1936.
Öl auf Leinwand, 65,5 x 95,5 cm

Jackson Pollock, Composition No. 16, 1948.
Öl auf Leinwand auf Holz, 56,5 x 39,4 cm

Willem de Kooning, Untitled XV, 1982.
Öl auf Leinwand, 178 x 203,5 cm

Pablo Picasso, Nu couché, 1968.
Öl auf Leinwand, 130 x 162 cm

William Copley, Garment Center, 1983.
Acryl auf Leinwand, 162,4 x 132,3 cm

Georg Baselitz, Der Hirte, 1966.
Öl auf Leinwand, 163 x 130,7 cm

Sigmar Polke, Amerikanisch-Mexikanische Grenze, 1984.
Tagesleuchtfarbe, Dispersion auf Nessel, 224 x 298,5 cm

Gerhard Richter, Kerze, 1982.
Öl auf Leinwand, 100 x 100 cm

Karin Kneffel, Ohne Titel , 2005.
Öl auf Leinwand, 200 x 240 cm

Andreas Gursky, Rückblick, 2015.
Inkjet-Print, Diasec, 242 x 477 x 6,5 cm

Erich Heckel, Säckingen, 1921.
Öl auf Leinwand, 80,5 x 70,6 cm

Emil Nolde, Friesenhöfe, 1936.
Öl auf Leinwand, 73 x 100 cm

Hans Purrmann, Gartenhaus der Casa Camuzzi, 1952.
Öl auf Leinwand, 80,7 x 65 cm

Gabriele Münter, Bootsfahrt mit Kandinsky, 1909.
Öl auf Spanplatte, 39 x 25,5 cm

Ernst Ludwig Kirchner, Liegender blauer Akt mit Strohhut, 1909.
Öl auf Karton, 68 x 72 cm

Karl Schmidt-Rottluff, Maggiatal, 1927.
Öl auf Leinwand, 117 x 94 cm

Max Pechstein, Wiesenrand, 1910.
Öl auf Leinwand, 70,2 x 80,3 cm




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